Eingang zur Kirche St. Egwin in Norton | Sonntag. Da ich nächste Woche dort zur Predigt eingeteilt bin, fahre ich nach Norton zum Gottesdienst. Ein kleines Dorf nördlich von Evesham. Das Dorf gehört in Andrews Verantwortung. Aber es gibt dort einen ehrenamtlichen Pfarrer, Andy, den ich schon in Queen’s kennen gelernt habe. Er leitet die meisten Gottesdienste in Norton. Wir waren ungefähr 20. Einen Organisten gab es nicht, also bediente Andys Frau Caroline den CD-Player, um unsere Lieder zu begleiten. Alles sehr vertraut. Heute war über den zweifelnden Thomas zu predigen: „Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.“ Und Andy fragt: „Wo war er eigentlich?“ Nun war Andy in seinem ersten Leben Polizist. Deshalb fügt er gleich hinzu: „Aber vielleicht ist das nur mein Polizistenverstand, der so fragt.“ Da es letzte Woche eine Havarie mit der Elektrik gegeben hatte, war die Kirche bitterkalt – die menschliche Atmosphäre aber überhaupt nicht. |
Nach dem Gottesdienst war das Wetter zwar frisch aber sonnig. Also hatte ich keine Lust, in er Stube zu hocken und bin nach Süden gefahren. Durch englische Musterlandschaft hindurch, als hätte sie jemand hingemalt, zu einem Ort, wo es eine alte römische Villa geben soll. Für so etwas muss man ja von Ostthüringen aus weit nach Süden an die Donau oder Westen in den Spessart fahren. Bei uns hat’s nie Römer gegeben. Hier sehr wohl. |
Das war nach allem, was man weiß, der Speiseraum der Villa. Wie es sich gehört für ein römisches Haus, natürlich mit darunter liegender Fußbodenheizung. | Die Ausgrabungsstätte liegt mitten im Wald. Dort hat zu römischen Zeiten ein einzelnes, ziemlich großes Gehöft gestanden. Man nimmt an, dass das Anwesen die Datsche eines einflussreichen Menschen aus dem 10 Meilen entfernten Cirencester war, damals unter dem Namen Corinium Provinzhauptstadt und beinahe so groß wie London. Vielleicht war es auch etwas anderes, so eine Art öffentliches Spa vielleicht. Oder ein religiöser Ort. Das Problem ist, dass man nur die alten Steine hat und nichts Schriftliches dazu. Also kann man nur raten (und vergleichen mit dem, was man sonst über Römer weiß). |
Auf die römischen Fundamente hat man kleine Mäuerchen draufgesetzt – damit alles zum einen hübsch ordentlich aussieht und gleichzeitig schaurig-schön ruinenartig. Und dann hat sich der liebe Earl auch noch eine Jagdhütte in die Mitte gebaut. Und wahrscheinlich war er sehr zufrieden mit dem romantischen Ort, den er sich da geschaffen hat. Wer kann schon seine Jagdgäste inmitten echt original römischer Ruinen bewirten und beherbergen? |
Erzählt hat uns das alles Jeanie, eine ehrenamtliche Führerin des National Trust, dem das Ganze heute gehört. Ihr hätte ich noch sehr lange zuhören können. Das Anwesen hatte seine Blüte Ende des vierten Jahrhunderts, also 40 bis 50 Jahre, bevor die Römer Britannien aufgegeben haben. Alles war, als es schon wieder dem Verfall preisgegeben war, also wahrscheinlich noch ziemlich neu. Und es heißt, der Besitzer muss kein Römer gewesen sein, sondern irgendjemand mit römischem Lebensstil. Römer in Britannien war damals ein 300 Jahre alter Hut – „so wie heute Queen Anne, Geschichte“. Römisches und britisches Leben hatte sich vermischt; man hatte sich arrangiert. Zumal in dieser Gegend Römer und Kelten friedlich und voneinander profitierend beisammen lebten. Man darf sich also auf keinen Fall ein römisches Militärlager vorstellen. Hier lebten keine Asterix-Römer. |
Abends war dann noch Soul Food („Seelenfutter“), der alternative Sonntagabend-Gottesdienst in All Saints. Ein anderes Team hat den Abend vorbereitet. Ich hab mich ein Weilchen mit Sarah unterhalten, die verantwortlich ist dass die Abende laufen. Es gibt tatsächlich theoretisch 16 Personen, die die Abende inhaltlich vorbereiten (nicht alle vier Gruppen sind vollständig besetzt). Einmal im Jahr wird ein Plan gemacht über die Themen jedes Gottesdienstes. Jedes Team trifft sich dann zu einer Vorbereitungssitzung. | Das ist John, der alle begrüßt und in den Gottesdienst einführt. |
Heute ging es natürlich um Ostern, um die Geschichten von der Begegnung mit dem auferstandenen Christus. Brot und Kelch am Hochaltar hier stehen für die Emmaus-Geschichte. | Dort wird überlegt, welche Bibeltexte zum Thema passen und wie man sie umsetzen könnte. Dann hat jeder für sich zu tun und bereitet eine Gebetsstation vor. Moderiert wurde der Abend heute von John. Er stammt aus der baptistischen Kirche und hat eine gute Art zu reden. Das ist dem Abend bekommen, dadurch hingen die „Stationen“ nicht gar so sehr in der Luft, wie ich es vor zwei Wochen empfunden habe. |