Ein bisschen eigentümlich in Stratford im Theater zu sein und nicht Shakespeare zu gucken. Es war, wie gesagt, eine Familienproduktion, das heißt, obwohl es eine Abendvorstellung war, waren viele Kinder da. Schon bevor es eigentlich losging, kamen die ersten Schauspieler auf die Bühne. Es war August 1914. Fröhliche Spiele auf der Sommerwiese. Und die Kinder im Zuschauerraum durften mach oben kommen und sich im Zielwerfen mit Sandsäckchen üben. Eine Kokosnuss musste abgeschossen werden. Und wer es schaffte, bekam Applaus vom sich füllenden Saal… Normalerweise wird hier Master Shakespeare aufgeführt - aber eben nicht nur. |
Und so wie Bairnsfather es in seinen Karikaturen gezeichnet hat, so wurde vor der Pause vom alltäglichen Leben im Schützengraben erzählt, von Tod und Angst und Schlamm, aber auch von Witzeleien, Freundschaft und banalem Alltag wie Haare schneiden. Nach der Pause ist dann Weihnachten und die Verbrüderung mit den Deutschen von der anderen Seite beginnt. Sechs Schauspieler müssen die Deutschen spielen und sie schlagen sich wacker mit ihren deutschen Sätzen. „Waffenstillstand“ ist aber auch ein gar zu schweres Wort. Das englische Wort „truce“ ist da so viel einfacher auszusprechen. Es wurden schön viele Klischees bedient und das Publikum hat sich wunderbar amüsiert. Wenn deutscher Akzent imitiert wurde. Wenn die Deutschen sich entschuldigen, dass sie keinen Tee anbieten können, ob die Engländer vielleicht auch Kaffee nehmen würden. Wenn sie Fußball spielen, und ein Deutscher gefoult wird, sagt ein Engländer: „Ach geben wir ihnen doch einen Elfmeter, darin sind die Deutschen immer schlecht.“ (Was natürlich nicht stimmt; England hat zweimal niederschmetternd gegen Deutschland im Elfmeterschießen verloren, 1990 und 1996.)
Am Ende singen Engländer und Deutsche – wissend, dass sie morgen wieder aufeinander schießen müssen, Weihnachtslieder. Sie singen jeweils ihre Lieder (die Deutschen O Tannebaum und Stille Nacht). Aber sie singen sie gleichzeitig – und das funktioniert musikalisch bestens. Es klingt richtig gut zusammen. Ein letztes Mal Weihnachten also. Am 31. Januar… Das Regiment, das sich mit denen aus Warwickshire verbrüdert hat, war übrigens ein sächsisches. Ganz zum Schluss kam das auch im Stück vor: Als sie sich verabschiedet haben, sagten zwei: Vielleicht treffen wir uns ja mal wieder – in London oder in Leipzig.