Nach der Führung wir im Theatercafé; im Hintergrund die Titelhelden aus Loves Labour's Won aka Viel Lärm um nichts (siehe 26. Februar) | Anne und ich zeigen der Mama respektive der Oma England. England in fünf Tagen. Wo beginnen? Mit Stratford-upon-Avon. Wir hatten eine Führung hinter die Kulissen des Royal Shakespeare Theaters gebucht. Sehr lohnenswert! Während sich die Busladungen durch das Geburtshaus wälzen, sind wir in einer Gruppe von neun Menschen eine Stunde lang freundlich und kenntnisreich durch das Theater geführt worden. Dabei ist es nicht so, dass da immer ein Theater gestanden hätte. Ganz im Gegenteil. Shakespeare hat in London gelebt, geschrieben, gespielt. In Stratford-upon-Avon ist er geboren, gestorben und hat seine Frau mit den Kindern gelebt. Das war das Kaff aus dem er kam. Er lebte das wilde Leben in London. Erst mit seiner Stilisierung zum nationalen Helden und Supergenie im 19. Jahrhundert baute man in Stratford-upon-Avon ein „Shakespeare Memorial Theatre“. Ein Shakespeare-Gedächtnis-Theater. Bezahlt hat das eine einheimische Brauerei, die sowohl Land als auch Geld zur Verfügung stellte. Das Theater ist 1879 eröffnet worden und 1923 abgebrannt. Gottlob. |
Dadurch ist es heute kein viktorianischer Schinken. Ein amerikanischer Gönner hat das Geld für einen Neubau zur Verfügung gestellt. Eröffnung 1932. In den 1990er Jahren war das Theater jedoch in einer tiefen Krise. Inszenierungen kamen brav und verstaubt daher. Dem Theater fehlte die Lebendigkeit. Das Publikum blieb aus. Ein Neuanfang musste her. Man entschied sich für den großen Wurf. Schloss das Theater für ganze drei Jahre von 2007 bis 2010. Höhlte es aus, wie ein Frühstücksei und baute in der alten Hülle ein neues Theater. Tatsächlich! Im Foyer bewegt man sich zwischen den alten Außenmauern und den neuen (inneren) Außenmauern. Denn natürlich war das äußere Erscheinungsbild des Theaters denkmalgeschützt. Das Ergebnis ist genial und vollkommen überzeugend. | Blick vom dritten Stock auf den Thatervorplatz. Das alles hat mal einer Brauerei gehört, bevor die Besitzer es dem Shakespeare-Theater zur Verfügung gestellt haben. |
Jawohl! Da knattert tatsächlich ein Trabi mit britischem Kennzeichen durch's historische Stratford | Wir haben heute gelernt, dass die alten Bühnenbretter von 1932 jetzt im Foyer ausgelegt sind. Wenn man will, darf man sich vorstellen (während man seinen Kaffee trinkt oder Sekt in der Theaterpause schlürft), dass man auf demselben Boden wandelt wie einst Sir Laurence Olivier und Dame Judi Dench. Wir durften dann auch noch ein kleines Stück hinter die Bühne. Und aus dem Zuschauerraum in Ruhe das Bühnenbild für „Tod eines Handlungsreisenden“ anschauen – mit dem gerade eine Lichtprobe durchgeführt wurde. Dann sind wir noch nach ganz oben gekrabbelt, wo Licht und Sound geregelt werden, die Garderoben und die Kostüm- und Maskenbildner sind. |
Irgendwie hab ich aber wenige Bilder von dem Besuch im Kopf, weil ich die ganze Zeit mit Übersetzen beschäftigt war. Denn Mama versteht ja kein Englisch. Dabei war ich von mir selbst ganz überrascht und begeistert. Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben simultan übersetzt; zumindest von Englisch zu Deutsch scheine ich das zu können. Hab ich nicht gewusst. | Mama im Zwiegespräch mit Falstaff. Das Denkmal wurde im 19. Jahrhundert ebenfalls von der Brauerei bezahlt. |