Barfuß mit Sandalen - das ist Andrews Markenzeichen. Hier spricht er, wie ich mitbekommen habe, mit einem heiratswilligen Paar, das fragt, ob sie ihren Hund mit zur Trauung bringen dürfen. Andrew macht das mit. Er habe schon mal einen Hund als Trauzeugen gehabt - ein Wortspiel, das nur englisch wirklich funktioniert: Trauzeuge ist "best man", und Andrew hätte schon mal einen "best dog" gehabt. | Heute war ich gleich zweimal im Gottesdienst. Früh „ganz normal“ im 10-Uhr-Gottesdienst. Andrew hat gepredigt über die Frage, in welche Häuser Jesus wohl heute kommen würde, wenn er käme. Und hat angedeutet, dass das wohl andere wären, als man vermutet. Eher nicht die etablierten Häuser. „Wo stehen wir in der Geschichte vom Palmsonntag?“ war seine Frage. Nun weiß ich noch zu wenig über die Gemeinde in Evesham und was die Leute in den Kirchenbänken denken bei so einer Predigt. Ich hab gedacht – und es Andrew hinterher auch gesagt – dass er mir zu viel Schlechtes unterstellt. Woher will er denn wissen, dass ich immerzu auf der falschen Seite stehe? Mir war die Predigt – so sehr ich fand, dass er mit jedem Wort Recht hat – zu wenig ermutigend. |
Apropos Leute in den Kirchenbänken. Die will Andrew – und eine Gruppe in der Kirche – am liebsten loswerden. Nicht die Leute, die Bänke! Aber darum tobt ein Kampf; es gibt Gemeindeglieder, denen sind ihre vertrauten Kirchenbänke so lieb, dass sie sie unbedingt behalten wollen. Andere fühlen sich in ihren Möglichkeiten eingeengt. Zum Beispiel die Leute vom Abend-Gottesdienst, der „Soul Food“ heißt, „Seelenfutter“. Ein wenig musste ich ja schmunzeln, als ich den erlebt habe. Ich hab nämlich gedacht, die Bandbreite von Methoden muss doch irgendwie begrenzt sein. Denn nichts von dem war mir wirklich neu. Es war in Abwandlung unser Gottesdienst Extra in Eisenberg – gestaltet nach Motiven der Thomas-Messe. (Das ist ein Gottesdienst-Modell, zuerst in Finnland entwickelt für „Zweifler“, daher der Name. Im katholischen Bereich nennt man Ähnliches Jona-Messe – also für „Weggelaufene“.) |
Hier war es so, dass es am Anfang ein schlichtes gemeinsames Essen gab (da wären Stühle sehr viel praktischer gewesen; so mussten die schweren Bänke zu einer Tafel zusammen gewuchtet werden). Nach etwa einer halben Stunde gab es eine Einweisung in verschiedene Stationen. Und dann konnte sich jeder individuell auf den Weg und seine eigenen Erfahrungen machen. |
Man konnte Texte lesen, die die Geschichte vom Palmsonntag und der Karwoche erzählen und von verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Man konnte sich einfach in den Altarraum setzen und still sein (ein Tonband spielte leise meditative Musik – irgendwas keltisch Angehauchtes). Zum Schluss kamen alle in eine Runde, eine sprach in kurzes Gebet und dann alle zusammen den Segen: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns. Amen.“ Das Ganze hat 75 Minuten gedauert – mit Essen. | Zwischen den beiden linken Säulen läuft ein Mann mit einem Palmwedel herum. Das war eine Station. Von Kindern gebastelte Palmwedel - und jeder stand für Figuren aus der Geschichte: Die Menge, die Hosianna schreit, die Jünger, die Römer... Und die Aufforderung war, sich einen dieser Palmwedel zu nehmen und eine Weile "in den Schuhen" der Person zu laufen, die er repräsentierte. Manche haben das wirklich gemacht. |
In einer Seitenkapelle lief ein kleiner selbst gedrehter Film. Bill spielt Judas, erzählt aus dessen Perpektive, wie er die ganze Geschichte mit Jesus erlebt. Das hat er richtig gut gemacht. | Zum „Seelenfutter“ in Evesham kommen wöchentlich zwischen 20 bis 25 Leute. Soviel ich weiß, läuft das Ganze jetzt ein reichliches halbes Jahr. Es gibt verschiedene Teams von Leuten, die das vorbereiten und leiten, also nicht jeder jede Woche. Bemerkenswert: der Pfarrer hat damit nichts zu tun. Wie das genau funktioniert, das muss ich mal noch rauskriegen. |