Vor dem Vortrag waren wir auf dem Hay Festival Pizza essen. Andrew hat seinen neuen Hut ausgeführt. | Hay Festival könnte man wirklich mit Heufestival übersetzen – und so klingt es auch für englische Ohren. Aber der Name kommt von der Stadt Hay, in der es stattfindet – seit 1988. Es ist ein Festival für Literatur und Kunst. Wikipedia schreibt, Bill Clinton hat es einmal als das „Woodstock des Geistes“ bezeichnet. Es findet in idyllischer walisischer Kulisse auf einem Festplatz statt. Ein ganzes Großzelt-Dorf ist da aufgebaut, inklusive Restaurants. In den Zelten finden dann in zehn Tagen ungefähr 500 Veranstaltungen statt: Lesungen, Vorträge. In letzter Zeit auch Konzerte. Das alles habe ich vorher nicht gewusst. Andrew hat uns – mich, Helen und Helens Tochter Eden – eingeladen auf eine Veranstaltung. Sprechen sollte Stephen Fry. Ich weiß gar nicht, ob man den in Deutschland kennt. Hier ist er eine allseits bekannter Moderator, Schauspieler, Komiker, Showmaster - ein Star. |
Heute ging es um eine ernstes Thema: Die Magna Charta. Überraschenderweise ging es aber sehr wenig um Geschichte. Obwohl sie eine originales Exemplar extra aus der British Library auf die Bühne gestellt haben (wobei ich das nicht glaube; ich denke es war ein Faksimile. Kann mir nicht vorstellen, welche Versicherung das bezahlen soll, so ein Exemplar in einem Festzelt vor 2000 Leute einfach hinzustellen). |
Der zweite Gast war Sandi Toksvig. Die ist hier auch im Fernsehen gut bekannt. Ich kannte sie nicht. Sie ist Dänin, die aber schon lange hier lebt. Sie hat lebendig dafür plädiert, dass Frauen endlich zu 50% an den Entscheidungen der Macht beteiligt werden soll. Ein hübsches Beispiel hat sie erzählt: Die einzige Bank, die in Island beim Bankencrash nicht untergegangen ist, war eine, die von zwei Frauen geführt worden ist. Die hätten neue Regeln aufgestellt. Eine sei gewesen: „Investiere in nichts, was du nicht verstehst.“ Dafür hat sie viele Lacher bekommen, wie sie überhaupt eine sehr erfrischende Person war. Die schottische Nationalpartei (von Nicola Sturgeon vertreten) – von der könne man halten, was man will, aber sie scheint aus dem Herzen zu sprechen. Das würden alle anderen Parteien nicht schaffen.
Es war eine anregende Veranstaltung. Für Briten vielleicht noch mehr als für mich. Auf der Bühne wurde ausgesprochen, was viele, glaube ich, empfunden haben: Das war der erste Lichtblick nach den Wahlen. Endlich wird wieder über die Themen gesprochen, die wirklich dran sind. Die Wahlen waren für wache Menschen in diesem Land ein Schock. Nicht so sehr, weil die Konservative Partei so überraschend eindeutig gewonnen hat. Erschreckt hat, dass die Torys mit dem Slogan „Weiter so“ gewonnen haben. Nicht eine Vision hat die Wähler in ihrer Entscheidung beeinflusst, sondern Angst. Da wählt man eben das, was man kennt, wird schon nicht so schlimm werden. Und kein Wort über Ideen und Träume und Hoffnungen, wie dieses Land auch noch sein und werden könnte. Da war die Stimmung heute Abend sehr anders. Ein frischer politischer Wind, den dieses Land gebrauchen kann.
Für mich interessant war, Stephen Fry so politisch zu erleben. Es hat mich nicht überrascht wo er steht, aber es hat mir gut gefallen.