Diane ist 35 Jahre alt und stammt aus Kenia. Ihre Familie baut Kaffee und Tee am Fuß des Mount Kenia an. Der ist 5200 Meter hoch und liegt 15 km südlich des Äquators. Das heißt nicht, dass es dort warm ist. Diane hat mir ein Foto von ihrer Tochter am ersten Schultag gezeigt. Da hat sie Schal und Mütze an. Dianes Tochter heißt Blessing (zu Deutsch heißt das Segen). Diane ist methodistische Pfarrerin und hier für ein Jahr für ihre Doktorarbeit. |
Den Gottesdienst haben wir in, wenn ich richtig mitgezählt habe, fünf Sprachen gefeiert. Ein Lied war auf Englisch (You are faithful oh Lord), die zweite Strophe Shona (das wird in Sambia gesprochen; Randulph hat uns das Lied beigebracht, das ist einer der Afrikaner, die im Februar tagelang gekocht haben, damit sie während der Ferien auch was zu essen haben und die Strophe hieß: Makatendeka Jesu) und als dritte Strophe Suaheli (Uu mwaminifu Bwana – zu Deutsch heißt das alles: „Du bist treu, Herr“). Suaheli ist Dianes zweite Sprache. In ihrer Familie wird eine der unzähligen Sprachen Kenias gesprochen, deren Name ich mir nicht gemerkt habe. Englisch ist auch Amtssprache in Kenia, aber für viele, auch Diane, eben nur die dritte Sprache. | Das ist John, der mit mir redet. Von ihm habe ich am 24. Februar erzählt. |
Am Abend dann haben wir uns noch zweieinhalb Stunden mit der Theologie auf dem Markt beschäftigt. Es ging um Genuss und Konsum (englisch kann man daraus ein Wortspiel machen: Consumption and Consumerism) Gary hat heute vor allem Fragen gestellt. Fragen, die man nur selber beantworten kann. Auf die man vielleicht keine eindeutigen Antworten findet. Fragen, die gestellt werden müssen. Fragen, die die Kirche stellen muss. Wonach entscheiden wir eigentlich, wem wir Geld spenden? Ist es eher das Patenkind in Afrika, von dem wir alle Vierteljahre dann ein Foto und einen Brief kriegen? Oder ist es die Organisation, die an die Wurzel des Übels geht, aber vielleicht erst in ein paar Jahren erste Erfolge aufweisen kann, wenn überhaupt? Kennen wir Beispiele, wo Menschengruppen anders leben, die Reichtümer der Erde im guten Sinne nutzen, statt sich vom Konsum auffressen zu lassen? Taizé? Amish People in Amerika? Klöster? Genussvoller Konsum – wie könnte das aussehen? Wie müssen wir Abendmahl feiern, damit das erlebbar wird, dass wir beschenkt sind und dass für alle genug da ist? Warum sind in Großbritannien in den schlechten Zeiten nach dem Krieg Dinge entstanden wie das Gesundheitssystem und bessere Wohnungen für die Armen? Und warum sagt man heute, wo es uns so viel besser geht, dass man sich das alles nicht mehr leisten kann? Warum kommt jetzt die Sparpolitik? Was lehren wir unsere Kinder über Genuss und Konsum? Könnte es sein, dass Studiengebühren bedeuten, dass jemand die Bildung als seinen privaten Besitz ansieht – er hat ja dafür bezahlt? Und dass Stipendium bedeutet, der Stipendiat hat das Gefühl, dass seine Bildung der Allgemeinheit gehört? Was ist Freiheit? Bedeutet Freiheit, dass ich so viel Auswahl wie möglich habe? Oder ist Freiheit etwas Gemeinschaftliches? Was bedeutete es für Israel in der Wüste, frei zu sein? Wo sind Menschen inmitten von Überfluss unfrei?
Ein Gedanke ohne Fragezeichen kam zum Schluss noch: Konsum ist nicht, dass man zu viel hat. Konsum ist, dass die Dinge nichts bedeuten. Es geht um den Unterschied zwischen Kaufen und Shopping. Es geht um den Vorgang, dass die Jagd nach Dingen Spaß macht, aber, sobald man sie hat, werden sie bedeutungslos. Also: Ich kaufe mir was Schönes und habe dann (lange) meine Freude daran. Oder ich kaufe mir etwas: Und morgen will ich was anderes.