In dem Laden hinter den Rolltreppen hängt meine neue Jacke. Jetzt hängt sie hinter mir auf dem Stuhl. | Heute aber hatte es zum ersten Mal echtes „Übergangswetter“. Definitiv zu warm für die Winterjacke. Ein bisschen frisch ohne Jacke. Höchste Zeit, die Sache ernsthaft zu betreiben. Der Vormittag war mit Andrew ausgebucht. Dann hatte er Besuche bei Kranken und Sterbenden zu machen. Also bin ich nach Süden gefahren in die nächste Stadt, Cheltenham. Fünfmal größer als Evesham. Ich dachte, da werde ich fündig. Und tatsächlich. In einem großen C&A-artigen Kaufhaus, das überdies noch in einem hübschen Shopping Centre lag, fand sich meine neue Jacke. |
Schließlich fand ich dann doch eine Einkaufspassage mit gleich mehreren Läden. Und einer davon hieß: schuh. Erst dachte ich, deutscher Name, wer weiß, vielleicht heißen die nur so und verkaufen in Wirklichkeit Uhren. Aber nein, schuh verkauft tatsächlich shoes - schuh-shoes sozusagen. Am Ende habe ich bei schuh deutsche shoes gekauft (die Marke, die sich nach dem Baum mit der weißen Rinde benennt). |
In diesem "Georgianischen" Reihenhaus ist Holst geboren. | Das Geburtshaus wird von zwei netten älteren Ladys bewacht. Die sitzen unten wie zwei Concierges und freuen sich über jeden, der reinkommt. Ich wollte die Eintrittskarte mit Kreditkarte bezahlen. (Eine Unsitte, hier weit verbreitet, die ich mir zu Hause wieder abgewöhnen werde. Schon weil „sie“ – wer immer das ist – auf die Art jederzeit meine Spur verfolgen können. Aber hier ist es bequem und sollen „sie“ doch denken, ich lebe in England.) |
Als ich dann in den oberen Stockwerken rumstieg, hörte ich, wie unten ein zweiter Tourist auftauchte. Er wurde gefragt (wie zuvor ich auch), woher er käme. Aus Deutschland. „Ohh, wir haben hier schon eine Lady aus Deutschland. Vielleicht wollen Sie sich das Haus gemeinsam anschauen.“ Ach du Schreck. Aber er wollte nicht. Ich war nicht böse drum. Als ich dann wieder unten war, haben die beiden mich noch in ein langes Gespräch verwickelt. Wo genau ich herkomme. Was ich hier mache. Von dem anderen Deutschen hatten sie immerhin herausgefunden, dass er aus Berlin ist. Ich glaubte eine kleine Missbilligung mitschwingen zu hören, weil sie viel mehr offenbar nicht herausbekommen hatten. Ob ich denn schon mal in Berlin gewesen sei? Ja? Nicht wahr, Berlin sei doch eine schöne Stadt, oder? Ich zögere. Ich finde Berlin interessant. „Schön“ würde mir vielleicht zu Potsdam einfallen, aber nicht zu Berlin… Eine der Damen nickt bedeutungsvoll zum Nebenraum hin. Psst, dort höre der andere Deutsche mit. Ich soll also jetzt besser nichts Schlechtes über Berlin sagen. Sie waren wirklich süß die beiden. Meinen Landsmann habe ich übrigens nicht zu Gesicht bekommen. Der hatte offenbar wirklich keine Lust auf deutsche Gesellschaft. | Sehr englische Innenarchitektur. Schmale Treppe, alles flauschig mit Teppich ausgelegt. Kleine Räume, aber inklusive Küche im Keller verteilt sich alles auf vier Etagen. |
Der gerahmte Spruch hing in der Küche über dem Kamin: "Durch den Glauben gerechtfertigt haben wir Frieden mit Gott." Das klingt wie PERSIL-Werbung: Da weiß man was man hat. (Ein wenig klingt es auch nach lutherisch-deutsch-lettischem Hintergrund.) | In der Ausstellung lerne ich dann noch, wo Gustav seinen deutschen Namen her hat. Die Familie Holst stammt ursprünglich aus Rīga, aha! Baltendeutsche also. Gustavs Urgroßvater Matthias Holst war 1802 – man nimmt an, aus ökonomischen Gründen – nach England ausgewandert. So war Gustav Holst sozusagen Engländer mit Migrationshintergrund. |