Die Ruine der alten Kathedrale und links das Dach führt in die neue. | Es ist doch seltsam, wie die Erinnerung einen trügen kann. Ich war schon einmal in der neuen Kathedrale in Coventry gewesen – 1997. Damals war Paul Oestreicher noch Domkapitular und Leiter des Internationalen Versöhnungszentrums. Paul Oestreicher kannte ich aus Lobeda, wo er in den 80er Jahren mehrmals gewesen ist. Geboren 1931 in Meiningen als Sohn eines jüdischen Kinderarztes, 1938 geflüchtet, in Neuseeland überlebt – später anglikanischer Pfarrer in England geworden, aber nie den Kontakt zu seiner Heimat, insbesondere Ostdeutschland, abgebrochen. |
Und nun war ich 1997 zum ersten Mal dort und fand – erinnere ich mich – die Kirche schrecklich. Ich fand sie symboltriefend überladen. Das lag, glaube ich, daran, dass damals Paul Oestreicher gerade eine Gruppe Deutscher durch die Kirche führte und ihnen alles erklärte: Dies ist ein Geschenk von dort und dort als Symbol von Frieden und Versöhnung. Und jenes ist ein Geschenk von dort und dort als Symbol von Frieden und Versöhnung… So ging es fort und fort. Ich hab mich damals nicht zu erkennen gegeben. War mir einfach zu symbolträchtig alles… | Der Eingang ist eine einzige riesige Glaswand mit diesen Figuren. |
Heute war ich zum Gottesdienst in der Kathedrale und war baff. Denn überladen wäre das letzte Wort, was mir zu ihr einfiele. Eher minimalistisch. Baustellenartig (was nicht nur an dem Gerüst lag, der den Christus derzeit verdeckt – das ist ein riesiger Gobelin, der wird gerade gereinigt.) So hässlich, dass es schon wieder schön ist. Gut, dass ich ein zweites Mal gekommen bin. |
Der heutige Gottesdienst war, das wusste ich nicht, ein Fest-Gottesdienst zum 50. Jahrestag der Gründung der Corrymeela Community. Und was ich erst recht nicht wusste, dass Sam Mitglied dieser Gemeinschaft und demzufolge da ist – zusammen mit zwei afrikanischen Queen’s-Studenten und dreien aus Sri Lanka. Hätte er mir ja ruhig mal einen Tipp geben können. Na uns hat‘s ja auch so zusammen geführt. | Rechts, das ist Sam beim Kirchenkaffee |
So in etwa auf dem Weg zwischen Coventry und Birmingham liegt Baddesley Clinton. Das ist kein Verwandter von Hillary, sondern der Name eines Hauses. Es gehört heute dem National Trust und ist wirklich ein bezauberndes Haus. Es diente – so jedenfalls wird die Geschichte für die Touristen erzählt – zweimal als Zufluchtsort, wenn auch in sehr unterschiedlicher Weise. |
Gebaut wurde es 1438; seit 1517 gehörte es einer Familie Ferrers. Die waren und blieben Katholiken, soll doch der König im Lande machen, was er will. So diente das Haus zu Zeiten von Elizabeth I. als Zufluchtsstätte für verfolgte jesuitische Priester. Die wurden eine Zeit lang mit der Todesstrafe bedroht und viele treue katholische Familien in England bauten in ihre ohnehin verwinkelten Häuser geheime Kammern ein, wo sich die Priester hin flüchten konnten, wenn die Polizei kam. |
Sie haben sich Haus und Land eingerichtet als einen idyllischen Ort, wo man dem grauen Industriezeitalter und den rauchenden Schloten der Dampfmaschinen wunderbar entkommen konnte, so tun konnte, als gäbe es die hässliche Welt da draußen nicht, und in aller Ruhe Bücher lesen und schreiben (!) und Gemälde malen und gemeinsam musizieren und überhaupt sehr kultiviert sein konnte. |